Agulnik

1. Agulnik, Leopold, Kantor und Religionslehrer
	geb. 13.10. 1869 in Grodno/Polen
	
verheiratet mit:
2. Agulnik, Thekla, geb. Seligmann
	geb. 17.6.1878 in Eberbach/Neckar

Kinder:

3. Agulnik, Ferdinand
	geb.24.12.1900 in Worms 

4. Agulnik, Walter
	geb. 24.2.1904 in Worms

5. Agulnik, Ida     Mb 241
	geb. 18.4.1910 in Worms

6. Agulnik, Liselotte
	geb. 17.4.1917 in Worms
Familie Agulnik wohnte seit 1900 in Worms, zunächst Arndtstraße 16, später Pfrimmstraße 9 (heute Meixnerstraße) im eigenen Haus.

Leopold Agulnik, der in Russisch-Polen geboren war, hatte bereits vor 1900 die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Mehr als 30 Jahre lang war er der Kantor der alten Wormser Synagoge. Viele Kinder der Gemeinde haben ihn als Religionslehrer erlebt und als eindrucksvolle Persönlichkeit in Erinnerung behalten. Sein Wirken fand bei seinem 25-jährigen Dienstjubiläum 1925 viel Dank und Anerkennung durch die Gemeinde. Damals erhielt er als Ehrengabe eine Federzeichnung des bekannten Wormser Künstlers Richard Stumm, die sich noch im Besitz der Familie befindet. Sie zeigt das Innere der alten Synagoge 13 Jahre vor ihrer Zerstörung durch Nationalsozialisten beim Kristallnacht-Pogrom am 10.11.1938. Dieses Verbrechen miterleben zu müssen, blieb Leopold Agulnik erspart. Er starb am 16.4.1933 in Worms. Sein Grab befindet sich hier auf dem neuen Israelitischen Friedhof.

Thekla Agulnik, geb. Seligmann, die einer alteingesessenen Eberbacher Judenfamilie entstammte, kehrte nach dem Tod ihres Mannes in ihre engere Heimat zurück: Am 13.7.1934 zog sie nach Mosbach. Von ihren Kindern war damals nur noch die jüngste Tochter Liselotte bei ihr. Zusammen mit dieser Tochter emigrierte sie 1936 nach Palästina, wo ihr ältester Sohn Ferdinand schon wohnte. In Israel fand sie eine neue Heimat und starb hier 1963 in Haifa, in einem Altersheim auf dem Berg Carmel.

Sohn Ferdinand hatte Worms schon vor 1933 verlassen. Nach seinem Medizinstudium hatte er sich in Offenbach/Main als praktischer Arzt niedergelassen, zusammen mit seiner Frau, der Ärztin Dr. Mira Warschawzik aus Danzig. Der bald nach Hitlers Machtergreifung einsetzende Boykott auch gegen jüdische Ärzte veranlasste beide, schon 1933 nach Palästina auszuwandern. Dort nahmen sie den Namen Ogen an und traten in den Kibbuz Jagur ein, wo sie heute noch leben. Dr. Shraga Ogen war zuerst Landarbeiter, dann 15 Jahre lang Landarzt, danach arbeitete er in der Leitung der Gewerkschaftskrankenkasse und im Gesundheitsministerium, zuletzt war er Regierungsprovinzarzt im Norden. Seine Frau war als Kinderärztin tätig. Ihre Eltern aus Danzig wurden von den Nazis ermordet. Dr. Shraga und Dr. Mira Ogen haben 3 Söhne, einer ist während seines Militärdienstes tödlich verunglückt, die beiden anderen und ihre Familien - Ogens haben 6 Enkelkinder - leben ebenfalls in Jagur.

Sohn Walter, der Worms auch schon vor 1933 verlassen hatte erlebte in Nazi-Deutschland eine schlimme Verhaftung durch die Gestapo, aus der er glücklicherweise entkommen konnte. Nach abenteuerlicher Flucht durch verschiedene Länder gelangte er 1939 nach England. Dort wurde er Soldat und kehrte 1945 mit der britischen Armee nach Deutschland zurück. Nach Beendigung des Militärdienstes blieb er in der Bundesrepublik und arbeitete hier als Geschäftsführer verschiedener Filmvertriebsgesellschaften. 1953 gründete er ein eigenes Unternehmen dieser Branche, dem er bis 1981 vorstand. Firmen- und Wohnsitz war Frankfurt/Main. Er hat aus erster Ehe 2 Kinder, 1 Sohn, der in England, und 1 Tochter, die in Australien lebt. Seit 1958 war er in zweiter Ehe verheiratet mit Sophie Rossius, geb. Vocke. Er starb am 25.8.1982 in Frankfurt.

Tochter Ida ging laut polizeilicher Abmeldung 1932 nach Offenbach/Main. Danach lebte sie eine Zeitlang in London, bis sie 1937 nach Palästina emigrierte (die Angabe 1934 bei Mb stimmt nicht). In Palästina heiratete sie den Architekten Alfred Goldberger, der in Israel, Persien und England arbeitete. Er starb 1979. Seine Frau lebt in London. Die Eheleute haben 2 Kinder.

Tochter Liselotte, die mit der Mutter 1934 nach Mosbach und 1936 nach Palästina gegangen war, verheiratete sich dort mit Gerhard Heilborn. Die Eheleute leben in Haifa-Achusa. Ihr Sohn Michael mit Frau und 2 Kindern lebt ebenfalls in Haifa.

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Quellen: Adressbücher, KEM, Mb, Ak-VHS, Auskünfte von Dr. Shraga Ogen, Herrn Walter Agulnik, Frau Lisel Heilborn