Schloß II

1. Schloß, Karl, Kaufmann	(Mb 434c)
	geb. 6.1.1876 in Framersheim
	verheiratet mit

2. Schloß, Rosel, geschiedene Michel, geb. Storck 
	geb. 20.12.1881 in Ludwigshafen, evangelisch

Tochter:

3. Schloß, Sybille
	geb. 15.10.1910 in München

Die Familie Schloß kam am 10.3.1929 von Alzey nach Worms. Sie wohnte Kaiser-Wilhelm-Straße 22. Bei der Familie lebte auch eine Tochter aus der ersten Ehe von Frau Rosel Schloß, Anny Michel, geb. 25.5.1907, evangelisch.

Karl Schloß war eigentlich Dichter, Lyriker, er hatte nach dem Studium der Geisteswissenschaften in München und Heidelberg von 1899 bis 1910 in München in der Jugendstilszene auch eine gewisse Rolle gespielt und einiges veröffentlicht. Als er dann 1910 für Frau und Kind sorgen musste, war er nach Alzey zurückgekehrt in die Zigarrenhandlung seines Vaters Adolf Schloß.

Nun war Karl Schloß Inhaber der Zigarrenfabrik Adolf Schloß. Diese Firma war 1912 von seinem Vater, Adolf Schloß ( gest 1918) zusätzlich zu dem Zigarrenhandel in Alzey gegründet worden, 1922 hatte Karl Schloß eine zweite Produktionsstätte in Worms eröffnet. Die Fabrik befand sich zuerst Seminariumsgasse 4, ab 1925 Alzeyer Straße 25. Karl Schloß vergrößerte sie und verlegte sie nach Alzeyer Straße 58. 1928 wurde der Alzeyer Betrieb geschlossen, Karl Schloß konzentrierte sich auf die Wormser Firma, deshalb zog die Familie 1929 auch nach Worms.

Die Firma hatte bis in die dreißiger Jahre zwischen 60 - 120 Beschäftigte., allerdings nur ca. 12 - 20 Stammarbeiter, die große Mehrzahl waren Saison-Arbeiterinnen. 1937 war die Gesamtzahl der Beschäftigten auf 15 gesunken, am 1.5.1937 wurde die Firma liquidiert.

Die Tochter, Sybille Schloß, war hier in Worms bei ihren Eltern gemeldet, lebte aber schon seit 1927 in Berlin, wo sie als Schauspielschülerin die berühmte Max Reinhardt- Schule besuchte. Am 9.10.1931 meldete sie sich von Worms ab nach München. Sie hatte ihr erstes Engagement bei den Münchner Kammerspielen. 1933 emigrierte sie in die Schweiz und spielte bei dem berühmten Kabarett "Die Pfeffermühle", das Thomas Manns Tochter Erika gegründet hatte, bis 1935 mit. In Berlin hatte sie den Schriftsteller Wolfgang Koeppen (1906 - 1996) kennen gelernt, seine unerwiderte Liebe zu ihr hat er in seinem Erstlingsroman von 1934 "Eine unglückliche Liebe" verarbeitet, die weibliche Heldin des Romans ist fast unverschlüsselt Sybille Schloß. Ende 1936 ging Sybille Schloß mit der Pfeffermühle nach New York, kehrte aber im Sommer 1937 nach Europa zurück, heiratete am 24.9. in London den Patentanwalt Thomas Michaelis. Durch dessen Vermittlung gelang es den Eltern Karl und Rosel Schloß im September nach Den Haag/Niederlande zu gelangen, in Worms haben sie sich nicht abgemeldet, das geht aus der Kartei des Einwohnermeldeamtes hervor.

1938 ging das junge Ehepaar Michaelis nach den USA mit dem Versprechen, die Eltern nachkommen zu lassen, sobald sie dort Fuß gefasst hätten. Sybille hoffte auf einen Durchbruch im amerikanischen Filmgeschäft. Dazu kam es nicht.

Durch den Kriegsausbruch und die Besetzung Hollands durch deutsche Truppen gerieten die Eheleute Schloß wieder in den Einflussbereich der Nazis. Im Herbst 1943 wurden beide Eheleute verhaftet, man legte der nichtjüdischen Ehefrau nahe, ihren Mann zu verlassen, das lehnte sie ab.

Daraufhin wurden beide nach Darmstadt ins Gestapo-Gefängnis verbracht, wo sie anscheinend einem Sondergerichtsprozess ausgeliefert wurden. Im November wurden sie zu Lagerhaft verurteilt. Karl Schloß kam nach Auschwitz, Rosel Schloß nach Ravensbrück. Karl Schloß starb am 3.1.1944, Rosel Schloß am 6.1.1944 ( BAK:Z Sg 138).

Sybille Schloß stand nie mehr auf der Bühne, sie arbeitete in USA in den verschiedensten Berufen, nach der Scheidung von Thomas Michaelis(1946) war sie noch einmal verheiratet mit einem Maler, John Masteller, diese Ehe hatte auch keinen Bestand. Sie lebt in New York.

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Quellen: Bericht S., KEM, Mb, Adressbücher, BAK, mündl. Aussagen von Mrs. Sybille Schloss
Vergl. Annelore Schlösser: Von Alzey bis New York, das bewegte und bewegende Leben der Sybille Schloss, in: Alzeyer Geschichtsblätter, Heft 33, 2001, S.67 - 92.