Poisson

1.	Poisson, Bertram
	geb. 27.11.1876 in Landau

Bertram Poisson wohnte seit 1897 in Worms, zuerst Gaustraße 37, ab 15.3.1921 Humboldtstraße 9 bei Kortsik.

Bertram Poisson war bei der Firma Wilhelm Mayer, Manufakturwaren, Marktplatz 17, beschäftigt, zuletzt als Prokurist. Als dieses bedeutende und angesehene Unternehmen Ende der zwanziger Jahre einging und vom Kaufhaus Goldschmidt (s. Goldschmidt I) übernommen wurde, wurde Poisson Vertreter der Vereinigten Seidenweberei, Krefeld und verkaufte als Reisender Stoffe in Rheinhessen.

Im Ersten Weltkrieg war Poisson von 1915-1917 als Landwehrmann eingezogen. Nach eigenen Angaben stand er der nationalliberalen deutschen Volkspartei nahe. Vermutlich war er auch deshalb mit dem bedeutendsten Wormser Repräsentanten dieser Partei zwischen den Kriegen bekannt, mit dem Industriellen Freiherrn Ludwig Heyl zu Herrnsheim. Bei ihm verwendete er sich für den Sohn seiner alleinstehenden Vermieterin, Frau Kortsik, und verschaffte ihm bei der Firma Heyl eine Lehrstelle. Mutter und Sohn Kortsik hatten in ihm einen treuen Freund und Helfer.

Um 1935/36 wurde es für ihn immer schwerer, schließlich unmöglich, seine Vertreter-Tätigkeit auszuüben. Er lebte nun vom Verkauf seiner Wertpapiere, die er zur Sicherung seines Alters erworben hatte. Überdies war er seit 1933 ständiger Behelligung ausgesetzt, immer wieder hatte er sich teils in seiner Wohnung, teils bei Polizeidienststellen Befragungen und Verhören der Gestapo zu stellen. Beim Kristallnacht-Pogrom vom 10.11.1939 drangen SA-Männer auch in die Wohnung Kortsik ein, sie blieb jedoch verschont, weil der Untermieter Poisson nicht zu Hause war und die Vermieterin Kortsik nachweisen konnte, dass alle Einrichtung ihr gehörte. Nichtsdestoweniger musste sie üble Beschimpfungen über sich ergehen lassen, weil sie noch immer an einen Juden ein Zimmer vermietete.

Am 11.11.1938 wurde Poisson verhaftet und mit insgesamt 87 jüdischen Männern aus Worms und Umgebung vorübergehend ins KZ Buchenwald verbracht. Nach einer Woche konnte er wieder in seine Wohnung zurückkehren. Im Sommer 1939 gab er die Wohnung Humboldtstraße 8 auf, um die immer härter werdender Bedrängnis seiner Vermieterin abzuwenden. Er zog in die Renzstraße 29 (Haus Fritz Klein), wo damals auch Familie Brodreich wohnte, am 12.8.1941 in die Löwengasse 4, zuletzt am 12.12.1941 zwangsweise in die Hintere Judengasse 2 (jüdisches Gemeindehaus). Die Verbindung zu Mutter und Sohn Kortsik bestand weiter, wenn auch sehr spärlich und unter schweren Belastungen.

Bertram Possion hatte Auswanderung in die USA beantragt und stand 1940 auf einer Warteliste für die USA-Einwanderer. Laut polizeilichem Eintag soll er am 1.2.1942 nach unbekannt verzogen sein.

In Wirklichkeit wurde Bertram Poisson mit dem Sammeltransport am 27.9.1942 nach Theresienstadt deportiert (DepL II, Nr. 974).

Er hat diese Deportation nicht überlebt, sein Todesdatum ist der 17.5.1943 (BAK:Z Sg 138).

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Quellen: Adreßbücher, KEM, mündliche Angaben von Herrn Cornelius Kortsik, Humboldtstraße 9, BAK