Sinsheimer II

1. Sinsheimer, Berthold, Kaufmann
	geb. 20.10.1880 in Worms
	Bruder von Hugo Sinsheimer (s. Sinsheimer I)
	Eheschließung am 1.8.1911 in Weisenau b.Mainz mit

2. Sinsheimer, Gisela, geb. Metzger
	geb. 7.12.1889 in Weisenau

Tochter:

3. Sinsheimer, Johanna (gen. Hansi)
	geb. 24.11.1913 in Worms

Familie Sinsheimer wohnte Dalbergstraße 15 (heute Wasserturmstraße).

Berthold Sinsheimer war zusammen mit seinem Bruder Hugo Inhaber der Firma August Sinsheimer, Mehl- und Getreidegroßhandel, die ihr Vater August Sinsheimer in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gegründet hatte. Die Firma befand sich zuerst Hardtgasse 8, später Martinsgasse 13, ab 1918 Dalbergstraße 20. Berthold und Hugo Sinsheimer waren mit der alteingesessenen Wormser Judenfamilie gleichen Namens nicht verwandt. (s. Sinsheimer I). Ihre Eltern August Sinsheimer und Johanna geb. Niederhofheim waren erst um die Zeit der Geschäftsgründung nach Worms gekommen. Sie sind erstmals im Adressbuch von 1876 erwähnt.

Die Mutter starb 1913, 62 Jahre alt, der Vater 1919 im Alter von 74 Jahren. Danach führten die beiden Söhne das Geschäft.

Die Firma, die seit 1925 ihren Sitz Moltke-Anlage 1 (heute Adenauerring) gehabt hatte, konnte sich schon bald nach Beginn des Dritten Reiches nicht mehr halten und ging ein. Berthold Sinsheimer war zuletzt Alleininhaber gewesen, nachdem sein Bruder Hugo bereits 1933 ausgewandert war.

Berthold Sinsheimer war als sehr frommer Jude bekannt. Innerhalb der jüdischen Gemeinde erfüllte er vielfältige Aufgaben, u.a. die des Beschneiders.

Tochter Hansi heiratete 1937 Otto Liebmann aus Offenbach und zog dorthin. Die Eheleute Liebmann emigrierten im Dezember 1937 nach London. Sie nahmen in England den Namen Layton an. Mrs. Joan Layton, inzwischen verwitwet, lebt in England. Sie hat Worms schon öfter wieder besucht.

Die Eheleute Berthold und Gisela Sinsheimer verzogen am 23.2.1938 ebenfalls nach Offenbach. Dort wurde Berthold Sinsheimer im Zusammenhang mit dem Kristallnacht-Pogrom vom 10.11.1938 verhaftet und ins KZ Buchenwald verbracht. Die Familie musste wertvolles Silber und andere Wertgegenstände opfern, damit er aus diesem Lager wieder befreit wurde. Ein Nazi in hoher Position verlangte diese Wertsachen und versprach dafür die Entlassung aus Buchenwald zu erwirken. Er hat sogar Wort gehalten. Das Silber brauchte er als Hochzeitsgeschenk für seine Tochter. Nach Berthold Sinsheimers Rückkehr emigrierte auch er und seine Frau nach England.

Dort starb Berthold Sinsheimer 1953 an den Folgen einer Operation.

Seine Frau Gisela Sims - in England war eine Namensänderung erfolgt - lebte noch bis 1975.

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Quellen: Adressbücher, KEM, Brief von Mrs. Joan Layton und Gespräche mit ihr im November 1980