Gusdorf II

1.	Gusdorf, Siegfried, Kaufmann (gen. Friedel)
	geb. 17.8.1878 in Worms
	ledig

Siegfried Gusdorf wohnte Obermarkt 12, hier im eigenen Haus befand sich auch seine Möbelhandlung.

Siegfried Gusdorf entstammte einer alten Wormser Judenfamilie.

Seine Ur-ur-Großeltern waren Mayer Marx und Frau Henle geb. Isaak aus Goßmannsdorf bei Ochsenfurt/Main, seine Ur-Großeltern Simon Gusdorf (1768 - 1825) und Frau Regina geb. Oppenheimer (1790 - 1832), seine Großeltern Markus Gusdorf I (1812 - 1890) und Frau Margarethe geb. Scheftel (1811 - 27.11.1887), seine Eltern Isidor Gusdorf (21.8.1840 - 31.8.1913) und Frau Henriette geb. Hachenberger ( 3.2.1854 - 1.6.1926). Ein Bruder, Leopold, (1.4.1881 - 17.11.1895) liegt auf dem alten Judenfriedhof.

Großvater Markus Gusdorf I. hatte bereits seit 1852 eine Möbelhandlung und -fabrik. Seine Söhne August und Isidor führten dieses Unternehmen weiter, es befand sich 1880 Kämmererstraße 27, im eigenen Haus. Diese Söhne dehnten das Unternehmen auf weitere Geschäftsräume aus, Obermarkt 12 und Kaiser-Wilhelm-Straße 32. Bis 1909 waren August und Isidor Gusdorf gemeinsam Inhaber der Firma. 1910 machten sich Augusts Söhne Sigmund und Hermann Gusdorf selbständig und gründeten eine eigene Möbelfabrik in Worms-Hochheim (s. Gusdorf I-2 und I-3). Die alte Firma ging unter dem Namen Isidor Gusdorf & Sohn, Möbelfabrik und -Lager, Obermarkt 12, weiter. Nach Isidor Gusdorfs Tod übernahm Sohn Siegfried das Unternehmen. Während des ersten Weltkrieges war er von 1917 - 1918 als Landsturmmann noch zum Kriegseinsatz eingezogen worden. Teilhaberin war seine Schwester Else, verheiratete Reis (s. Reis I) deren Mann, Arnold Reis, bis zu seinem Tod 1930 ebenfalls in der Firma mitgearbeitet hat. Das Geschäft war in Worms und Umgebung gut bekannt und galt als gediegen und leistungsfähig. Trotzdem konnte es im Dritten Reich bald nicht mehr gehalten werden. Wann es einging, ist nicht bekannt. 1937 bestand es nicht mehr.

Die Mitinhaberin Else Reis geb. Gusdorf, Witwe, emigrierte am 31.8.1939 über die Schweiz nach Johannisburg/S.A. Siegfried Gusdorf zog zur gleichen Zeit ins jüdische Altersheim, Hintere Judengasse 6. Nach eigenen Angaben (FrB 40) hatte er keinerlei Einnahmen mehr, es gehörte ihm aber noch die Hälfte des Besitzes Obermarkt 12, doch stand das Anwesen unter Zwangsverwaltung. Es scheint, als habe er keine Auswanderung geplant. Am 23.9.1942 ist er nach polizeilichem Eintrag nach "unbekannt" abgemeldet.

In Wirklichkeit wurde Siegfried Gusdorf mit dem Sammeltransport am 27.9.1942 nach Theresienstadt deportiert ( DepL II, Nr. 1010). Er hat die Deportation nicht überlebt und wurde am 18.9.1950 zum 23.9.1942 (Abmeldedatum) amtlich für tot erklärt. Sein Todesdatum ist der 18.12.1942 in Theresienstadt ( BAK:Z Sg 138).

Anmerkung:

Eine weitere Schwester, Therese, geb. 2.9.1879 in Worms, seit 1903 verheiratete Hamburger in Mannheim, ist wahrscheinlich bei der Sonderaktion gegen badische und pfälzische Juden 1940 nach Gurs/Südfrankreich deportiert worden; denn von ihr ist bekannt, dass sie am 12.8.1942 über das Durchgangslager Drancy nach Auschwitz kam. Dort ist sie ermordet worden ( BAK:Z Sg 138).

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Quellen: Adreßbücher, KEM, EinwVz (im Stadtarchiv), FrB 40, DepL II, Brief von Mr. Paul Gusdorf vom 28.5.1982, Vormeier S. 80, BAK