Gusdorf I-3

1. Gusdorf, Hermann, Kaufmann
	geb. 23.4.1888 in Worms
	verheiratet seit 28.3.1923 mit

2. Gusdorf, Jenny  geb. Heilmann		Mb 590
	geb. 31.1.1902 in Lieblos b. Gelnhausen

Kinder:

3. Gusdorf, Franz August (jetzt Frank)	Mb 532
	geb. 12.12.1926 in Worms Hochheim

4. Gusdorf, Ruth			Mb 591
	geb. 4.1.1930 in Worms Hochheim

Familie Hermann Gusdorf wohnte seit 9.10.1925 Dreihornmühlgasse 5/10, unweit der "Wormser Möbelfabrik Gusdorf & Co", Worms-Hochheim, Binger Straße 32, deren Inhaber Hermann Gusdorf und sein Bruder Siegmund (s. Gusdorf I-2) waren.

Hermann Gusdorf entstammte einer alten Wormser Judenfamilie, die sich in unserer Stadt bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich eine Möbelhandlung und -fabrik im Besitz der Familie (s.Gusdorf I und II).

Einen Anteil des Unternehmens hatte Sigmund und Hermann von ihrem Vater übernommen und damit 1910 ein eigenes Geschäft gegründet, zunächst Kaiser-Wilhelm-Straße 32, bald aber in Worms-Hochheim, Binger Straße 32. Diese Möbelfabrik war ein in Worms und darüber hinaus bekannter und leistungsfähiger Betrieb. Nichtsdestoweniger ging sie Anfang 1934 in Konkurs. Die beiden Inhaber schieden aus.

Die Schreiner des Betriebs, etwa ein Dutzend, versuchten, die Möbelfabrik genossenschaftlich weiterzuführen, dieser Versuch wurde von der NSDAP und der Deutschen Arbeitsfront (nationalsozialistische Nachfolge Organisation für die zwangsweise aufgelösten Gewerkschaften), unterstützt, dennoch mißlang er. Der Betrieb stellte bald danach seine Tätigkeit ein.

Hermann Gusdorf war schon früh asthmaleidend. Trotzdem hat er seinen aktiven Wehrdienst abgeleistet und war während des ersten Weltkrieges als Offiziersstellvertreter an der Front. Er wurde schwer verwundet, hätte beinahe sein Bein verloren und hat dann den Rest des Krieges als Bewachung im Gefangenenlager in Worms verbracht. Ihm wurde noch 1935 das von Hindenburg gestiftete Ehrenkreuz für Frontkämpfer verliehen.

Nach Aufgabe seines Unternehmens arbeitete Hermann Gusdorf als Möbelvertreter. Bei den schweren Ausschreitungen gegen die Juden während des Kristallnacht-Pogroms wurde auch die Wohnung der Familie Hermann Gusdorf schwer in Mitleidenschaft gezogen. Im Zusammenhang damit wurde Hermann Gusdorf am 10.11.1938 verhaftet und zusammen mit 87 jüdischen Männern aus Worms und Umgebung, darunter sein Bruder Sigmund, nach Buchenwald verbracht.

Hermann Gusdorf, durch sein Asthma geschwächt, überstand diese KZ-Haft nicht. Er starb in Buchenwald am 16.12.1938.

Die Urne mit seiner Asche kam nach Worms und wurde hier auf dem neuen israelitischen Friedhof beigesetzt.

Nach der Verwüstung ihrer Wohnung zog Frau Jenny Gusdorf mit ihren beiden Kindern, wie auch ihre Schwägerin Anna Gusdorf um nach Schloßgasse 2 ins Haus des jüdischen Arztes Dr. Fritz Gernsheim, der sich mit seiner Frau am 29.7.1938 das Leben genommen hatte (s. Gernsheim I). Nach dem Tod ihres Mannes betrieb Jenny Gusdorf für sich und die Kinder die Auswanderung.

Sohn Franz August kam am 9.6.1939 mit einem Kindertransport nach London.

Die Mutter und Tochter Ruth verließen Worms am 11.11.1939 und gingen in die USA. Mit ihnen emigrierte der alte Vater von Frau Jenny Gusdorf, so mußte sie für 4 Menschen sorgen und arbeiten. Nach 10-jähriger Witwenzeit heiratete sie Arthur Deutsch, seit 1972 ist sie zum zweitenmal Witwe. Sie lebt jetzt in einem Altersheim in New York.

Sohn Frank ist Ingenieur, verheiratet und hat drei Kinder und auch schon Enkel. Er lebt mit seiner Familie in Santa Clara, Californien.

Tochter Ruth, verheiratet mit Irving Croes, lebte mit ihrer Familie - sie hat drei Söhne - in Massapequa, Long Island. Sie starb im März 1985 an Krebs.

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Quellen: Adreßbücher, KEM, Mb, EinwVz (Stadtarchiv), VerhVZ 10.11.1938, Bgr.L., AK-VHS, Briefe von Mrs. Jenny Deutsch verw. Gusdorf auch BAK:Z Sg 138