Herz III-4

1. Herz, Albert, Kaufmann
	geb. 12.11.1888 in Obertiefenbach/Oberlahnkreis
	Sohn von Leopold Herz und Emma, geb. Löwenthal (s. Herz III)
	verheiratet seit 27.10.1925 mit

2. Herz, Flora geb. Hirsch
	geb. 25.3.1902 in Bad Wildungen

Kinder:

3. Herz, Edith
	geb. 20.9.1926 in Worms

4. Herz, Margot Suse	Mb 557
	geb. 6.5.1931 in Worms

Die Eheleute Herz wohnten zuerst Brunhildenstraße 6, die Familie später Kämmererstraße 10 bzw. Färbergasse 5-7.

Albert Herz war 1897 mit seinen Eltern nach Worms gekommen. Als junger Mann lebte er zeitweilig im Ausland, am 5.7.1909 kam er von Basel nach Worms zurück. Im ersten Weltkrieg war er von 1914-1919 Soldat und wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 1934 erhielt er das von Hindenburg gestiftete Ehrenkreuz für Frontkämpfer. 1919 gründete er mit seinem Bruder Ferdinand (s. Herz III-5) die Firma Gebrüder Herz, Eisenwaren. Das Geschäft befand sich mit großen Schaufenstern und ansehnlichen Verkaufsräumen Kämmererstraße 10-12, erstreckte sich aber mit weiteren Räumen bis in die Färbergasse 5-7. Es war in Worms und Umgebung bestens bekannt.

Mit dem Einsetzen der nationalsozialistischen Boykott- und Behinderungsmaßnahmen geriet die Firma in Schwierigkeiten. Die Inhaber beantragten ein Vergleichsverfahren, das vom 29.11.1933 bis 9.1.1934 durchgeführt wurde. Danach schied Ferdinand Herz aus der Firma aus, sein Bruder Albert blieb Alleininhaber. Durch weitere nationalsozialistische Behinderungen gezwungen, musste er 1937 das Ladenlokal in der Kämmererstraße aufgeben und behielt für sein verkleinertes Geschäft nur die hinteren Räume, Färbergasse 5-7. Hier wohnte um diese Zeit auch die Familie.

Beim Kristallnacht-Pogrom vom 10.11.1938 wurden in den Geschäftsräumen die vorhandenen Warenbestände, Herde, Öfen, Werkzeuge und Eisenwaren aller Art zerschlagen und völlig unbrauchbar gemacht. Auch die gut eingerichtete 5-Zimmer-Wohnung wurde verwüstet, Möbel und Einrichtungsgegenstände wurden zertrümmert und durch die Fenster in die Färbergasse hinunter geworfen. Selbst das Spielzeug der Kinder wurde nicht geschont.

Albert Herz und sein Angestellter Rudolf Herz (s. Herz I) entgingen körperlicher Misshandlung zunächst nur, weil sie von den Eindringlingen nicht gefunden wurden. Albert Herz hatte sich im Wald auf der anderen Rheinseite (Zigeunerwäldchen) versteckt. Am Nachmittag kehrte er zurück und wurde noch am selben Tag verhaftet. Er. wurde mit einer Gruppe von insgesamt 87 jüdischen Männern aus Worms und Umgebung ins KZ Buchenwald verbracht. Obwohl er erst 50 Jahre als war, kehrte er, misshandelt und demoralisiert, als physisch und moralisch gebrochener Mann nach Hause zurück.

Die jüngste Tochter Margot Suse erhielt durch diese Ereignisse einen so schweren Schock, dass sie vorübergehend von Worms weg zu Verwandten nach Frankfurt gebracht werden musste. Am 15.7.1939 kam sie - 8 Jahre alt - mit einem Kindertransport nach England. Eine christliche Familie nahm sie auf und erzog sie wie ihr eigenes Kind.

Nach der Verhaftung von Albert Herz mussten seine Frau und die älteste Tochter Edith - 12 Jahre alt - zunächst allein mit dem Kristallnacht-Chaos fertig werden. Nach der Rückkehr des Vaters blieb die Familie nicht mehr lange in Worms, am 17.1.1939 meldeten sich die Eheleute Herz mit Tochter Edith ab nach Duisburg.

Von Duisburg aus besuchte Tochter Edith die jüdische Schule Javne in Köln, die einzige höhere Schule für Juden in Rheinland-Westfalen bis zu deren Schließung 1941.

Zu gleicher Zeit musste Albert Herz in einer Sackfabrik Zwangsarbeit verrichten. Bei der allgemeinen Lebensmittelrationierung während des Krieges bekamen Juden nur völlig unzureichende Zuteilungen. Da sie den Judenstern tragen mussten, war es ihnen kam möglich, etwas zusätzlich zu erwerben und so das Notwendigsten zum Leben zu bekommen. Flora Herz, die nicht jüdisch aussah, unternahm es, abends im Dunkeln von Geschäftsleuten, die Mitleid mit ihr hatten, Lebensmittel zu besorgen. So war es möglich, den bereits zwangshalber in einem ehemaligen jüdischen Warenhaus lebenden jüdischen Familien die Not etwas zu lindern.

Am 26.7.1942 wurden die Eheleute Albert und Flora Herz mit Tochter Edith mit dem letzten Transport von Duisburg aus nach Theresienstadt deportiert.

Da es in diesem Lager an den einfachsten Medikamenten und ärztlicher Hilfe mangelte, starb Albert Herz am 6.10.1942 einen Märtyrertod.

Mutter und Tochter kamen im Mai 1944 nach Auschwitz, im September 1944 weiter nach dem KZ Stutthof bei Danzig. In einem zugehörigen östlich gelegenen Nebenlager mussten beide härtesten Arbeitseinsatz leisten. Hier wurden sie, schwer erkrankt und am Ende ihrer Kräfte am 26.1.1945 von der Roten Armee befreit.

Im September 1945 konnten sie nach Duisburg zurückgelangen. Mit Hilfe englischer Soldaten kamen Mutter und Tochter Edith wieder in Verbindung mit Tochter und Schwester Suse. Diese konnte durch Vermittlung einer Tante, Schwester der Mutter, nach USA gelangen. Mutter und Tochter Edith wanderten ebenfalls aus in die USA, am 11.2.1947 konnten sie amerikanischen Boden betreten.

Frau Flora Herz ging in USA eine zweite Ehe ein, sie hieß danach Kahn und lebte in Somers / New York, in der Nähe ihrer Tochter Edith. Dort starb sie Sommer 1986.

Edith Herz heiratete an 26.12.1948 Henry Lucas. Aus dieser Ehe gingen Jerry und Ruth Lucas hervor. Am 18.2.1973 verunglückte Henry Lucas bei einem Skiunfall tödlich. Am 15.6.1975 ging Edith Lucas mit Arthur Pagelson eine zweite Ehe ein. Die Eheleute Pagelson wohnen ebenfalls in Somers / New York.

Tochter Suse heiratete am 14.1.1951 Walter Rosenstock. Aus dieser Ehe gingen Elaine, Alan und Deborah hervor. Familie Rosenstock lebt in New Jersey.

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Quellen: Adreßbücher, KEM, Mb, AK-VHS, Bericht S., mehrere Briefe und mündliche Aussagen von Mrs. Edith Pagelson, auch BAK:Z Sg 138