Spies III

1. Spies, Elisabeth Johanna geb. Hirschler
	geb. 1.5.1951
	Witwe von Max Spies, Biblis (Bruder von Karl Spies) (s.Spies I und II)

Töchter:

2. Spies, Rosalie
	geb. 20.9.1993 in Biblis

3. Spies, Elisabeth (Elsa), Dr. med.
	geb. 27.1.1989 in Biblis

Dr. med. Elisabeth Spies hatte sich 1922 als Kinderärztin in Worms niedergelassen, zuerst Neumarkt 19, ab 1.1.1925 Lutherplatz 5, im eigenen Haus.

Dr. Elisabeth Spies wer eine in Worms und Umgebung weithin bekannte und geschätzte Ärztin. Zunächst lebte sie allein in Worms, 1938 zogen ihre Mutter und ihre Schwester zu ihr, Lutherplatz 5.

Trotz der allgemeinen Beliebtheit und Hochachtung, die Dr. Elisabeth Spies in Worms genoss, war sie schon bald von den antijüdischen Maßnahmen des Dritten Reiches betroffen. Die "Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen" vom 22.4.1933 nahm ihr so wie allen anderen Wormser jüdischen Ärzten die Zulassung zu den gesetzlichen Krankenkassen. Viele Patienten konnten, selbst wenn sie gewollt hätten, ohne Kasse nicht mehr zu ihr gehen. Es blieben ihr einige Privatpatienten treu, nach und nach aber wunde sie die Ärztin für die in Worms verbliebenen Juden, besonders nachdem immer mehr jüdische Kollegen Worms verließen, und 1938 auch noch Dr. Fritz Gernsheim (s. Gernsheim I) freiwillig aus dem Leben schied. Doch auch diese Arbeit wurde ihr immer schwerer gemacht. Am 25.7.1933 erschien die 4. Verordnung zum Reichsbürgergesetz, nach der zum 30.9.1939 die Approbation für alle jüdischen Ärzte erlosch. Sie durften sich nicht mehr Ärzte nennen und auch ihr Doktortitel wurde ihnen entzogen, als "Krankenbehandler" durften sie nur noch jüdische Patienten, und das auch nur auf besonderen Antrag, behandeln. Dr. Elisabeth Spies erhielt diese Genehmigung war sie doch ohnehin die einzige, die dafür in Worms noch in Frage kam.

Erstaunlich ist, dass Dr. Elisabeth Spies im Wormser Adreßbuch 1939, wo Rechtsanwalt Nathan schon "Konsulent" genannt wurde (die Entsprechung zu "Krankenbehandler" bei Anwälten), noch als Ärztin mit Doktortitel verzeichnet ist. Ob hier doch noch das Ansehen, das sie hatte, nachgewirkt hat? Offenbar aus demselben Grund blieb ihre Wohnung auch beim Kristallnacht-Pogrom verschont. Nicht verschont blieb sie allerdings von den sich daran anschließenden "Sühneleistungen", sie mußte alle Wertsachen, Schmuck usw. abliefern. Wohl aus Angst vor Schlimmerem und aus Sorge um ihre hochbetagte Mutter wollte Dr. Elisabeth Spies am 25.10.1940 gemeinsam mit ihrer Mutter aus dem Leben scheiden. Irgendwer im Haus bemerkte dies und rief den im Nachbarhaus wohnenden Arzt Dr. Julius Hochgesand herbei. Sein Eingreifen kam für die alte Dame zu spät, seine Kollegin aber vermochte er ins Leben zurückzuholen. Daran trug er schwer bis an sein Lebensende; denn immer wieder bedrängte ihn die Frage "wofür"?

Frau Elisabeth Spies geb. Hirschler wurde auf dem neuen israelitischen Friedhof in Worms beigesetzt.

Wo sich Rosalie Spies um die Zeit dieses Geschehens aufhielt ist nicht bekannt. Sie lebte danach weiter mit ihrer Schwester Elisabeth zusammen. Beide mußten am 10.6.1942 ihre Wohnung am Lutherplatz aufgeben und in die Judengasse 27 (Haus des Synagogendieners Weis) umziehen.

Rosalie und Dr. Elisabeth Spies wurden am 27.9.1942 nach Theresienstadt deportiert ( DepL II, Nr. 992 und 991). Rosalie starb in Theresienstadt am 5.12.1943 (BAK:Z Sq 138). Dr. Elisabeth Spies wurde, nachdem sie - wie alle Ärzte in Theresienstadt - sich unter Aufbietung letzter Kräfte für die dahinsiechenden Mitgefangenen eingesetzt hatte am 16.5.1944 noch weiter nach Auschwitz verbracht und dort ermordet (BAK:Z Sg 138: verschollen in Auschwitz)

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Quellen: Adreßbücher, KEM, FrB 40, Bgr.L., DepL 11, Bericht S., AK-VHS: mündliche Angaben von Frau Martha Hochgesand, mündliche und schriftliche Angaben von Frau Hella Spies, Jerusalem, BAK